Haben Sie sich schon einmal gefragt, um wieviel langsamer Sie ein gepflegtes Bier macht? Die Verkehrsauguren meinen ja (völlig zurecht), dass man durch den Genuss von Alkohol fahruntauglich wird.
Da sagte neulich ein Bekannter zu mir (110 kg, ein Hühne), dass er ein Bier überhaupt nicht spüre und ein zweites eher für die innere Schönheit notwendig ist, und natürlich auch nicht wirkt. Mein bescheidener Körper ist da nicht mit solchen inneren Schönheiten ausgestattet - ich merke schon das erste Bier. Allerdings kann ich überhaupt nicht einschätzen, wie stark sich ein Bier tatsächlich auswirkt.
Wie es halt dem Wissenschafter geziemt, lässt sich diese Frage durch ein einfaches Experiment klären. Dazu habe ich ein kleines Programm zur Messung der Reaktionszeit geschrieben, bei dem man auf die Farbveränderung einer Fläche am Bildschirm durch einen Mausklick reagieren muss. Also los geht's mit der Messung, zuerst im nüchternen Zustand, dann - nach einer Flasche Gösser Zwickl - im Zustand innerer Schönheit.
Ergebnis: die Verlangsamung nach einem Bier lässt sich gerade noch nachweisen. Ab dem zweiten Bier wird sich der Effekt vermutlich schon ganz deutlich zeigen; den Test wollt ich dann aber nicht machen, da das dann doch zu viel der inneren Schönheit gewesen wäre.
Für die Statistik-Freaks nun die Details, hier sind die Daten (dabei wurde jeweils 50 bzw. 51 mal die Reaktionszeit auf den Farbumschlag von weiß auf rot gemessen):
Reaktionszeiten nüchtern [msec]
259, 299, 238, 242, 261, 258, 355,
257, 275, 269, 265, 343, 230, 247,
290, 287, 230, 245, 267, 348, 287,
287, 318, 249, 279, 273, 278, 233,
411, 268, 347, 250, 289, 272, 349,
305, 349, 252, 373, 403, 396, 258,
300, 293, 258, 446, 288, 304, 272,
279
Reaktionszeiten nach einem Bier [msec]
375, 324, 268, 512, 233, 274, 358,
249, 255, 249, 556, 274, 453, 335,
307, 361, 506, 297, 275, 271, 290,
328, 279, 267, 351, 246, 263, 282,
276, 310, 469, 274, 328, 454, 286,
440, 323, 249, 252, 360, 433, 274,
421, 419, 387, 248, 272, 289, 290,
311, 241
Was man an den Daten sofort sieht, ist, dass sie ganz offensichtlich nicht normalverteilt sind, der
Shapiro-Wilk-Test liefert dann dazu auch noch die handfesten Zahlen - also nichts mit
t-Test zum Vergleich der Reaktionszeiten, es drängt sich der
Mann-Whitney-U-Test auf. Der Vorteil des U-Tests ist, dass er nahezu keine Voraussetzungen verlangt - ein Test für alle Lebenslagen, aber auch ein wenig geringer in der Trennschärfe.
Die Ergebnisse im Detail sprechen für sich. Der Mittelwert der Reaktionszeiten im nüchternen Zustand ist um rund 33 msec niedriger als nach einem Bier, die Standardabweichung der Reaktionszeiten ist nach einem Bier deutlich höher, was darauf hindeutet, dass man nach einem Bier nicht nur langsamer wird, sondern auch unkonzentrierter (die Ergebnisse schwanken mehr).
Daten des Blocks A (nüchtern):
Zahl der Daten: 50
Mittelwert: 292.62000
Standardabw.: 50.54999
Daten des Blocks B (nach 1 Bier):
Zahl der Daten: 51
Mittelwert: 326.35294
Standardabw.: 80.74003
Wendet man nun den U-Test auf die Daten an, dann kann man auf einem Signifikanzniveau von 0.05 (95%ige Sicherheit) die Nullhypothese, dass sich die beiden Verteilungen nicht unterscheiden, ablehnen. Das Ergebnis ist zwar knapp, aber doch eindeutig (U-Wert 969.5, kritische Grenze für das angegebene Signifikanzniveau 986; die Nullhypothese ist abzulehnen, wenn der U-Wert kleiner als die kritische Grenze ist).
.... bleiben noch ein paar nachdenkliche Fragen: wie weit fährt ein Auto mit 100 km/h in 33 msec? Und wie ist das mit dem vermehrt auftretenden "Sekundenschlaf" unter Alkoholeinfluss? Die Antworten lassen sich wohl so zusammenfassen: don't drink and drive.....